Beitrag von initiative.cc
PAP – Abstrich-Tests (Krebsabstriche/Zellproben vom Gebärmutterhals) sind unnötig und haben keine Aussagekraft.
Wie österreichische Frauen eine Spontanheilung erlebten und das Geheimnis der Finnen, welche kaum untersuchen.
Veränderungen sind normal und bilden sich wieder zurück.
Entnommen aus dem Artikel von Bert Ehgartner: Vorsorge mit Abstrichen – oder: Das Geheimnis der Finnen
Bereits 15-Jährige erhalten in Österreich den „Krebsabstrich“ zur Früherkennung eines Zervix-Karzinoms und fortan gilt dieser als fixer Bestandteil eines Gynäkologen-Besuchs. In Deutschland ist der Abstrich ab einem Alter von 20 Jahren Teil der jährlichen gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung.
Speziell bei jüngeren Frauen sind Veränderungen am Gebärmutterhals sehr häufig und bilden sich normalerweise von selbst wieder zurück. Wird in dieser Zeit regelmäßig der „Krebsabstrich“ vorgenommen, so ergibt sich in der Folge häufig Krebsalarm. Die Folge sind zahlreiche Konisationen, „vorsorgliche“ Operationen an der Gebärmutter. In Österreich liegt die Zahl dieser Eingriffe jährlich zwischen 5.000 und 6.000, in Deutschland beim Zehnfachen. Konisationen erhöhen das Risiko einer späteren Frühgeburt stark.
Im Vergleich zu den deutschsprachigen Ländern setzt Finnland beim Zervix-Karzinom auf ein ganz anderes System. Im staatlichen finnischen Programm gilt für die Teilnahme ein Mindestalter von 30 Jahren. Anstatt alle sechs bis zwölf Monate werden in Finnland die Frauen im Abstand von fünf Jahren (!) zum Krebsabstrich eingeladen.
Und trotz dieser fahrlässig seltenen Untersuchungsintervalle haben deutsche oder österreichische Frauen ein dreifach höheres Risiko am Zervix-Karzinom zu sterben, als finnische Frauen. Wie ist so ein paradoxes Ergebnis möglich?
Betrug ohne Schaden
Wie real die Möglichkeit ist, dass die Veränderungen der Zervix von selbst ausheilen, zeigte ein eigenartiger Vorfall, der sich vor rund zehn Jahren in der Praxis eines Gynäkologen aus Linz ereignete.
„Es ist unbegreiflich, aber es ist passiert“, fasste der Richter am Landesgericht Linz die Lage zusammen. Und damit meinte er sowohl den Hergang des Verbrechens als auch dessen Auswirkungen. Angeklagt war die damals 33-jährige Astrid S., die als Arzthelferin bei einem Linzer Gynäkologen beschäftigt war. Eine ihrer Aufgaben war es, den Frauen unangenehme Befunde mit zu teilen, die in Folge des so genannten Pap-Abstrichs zur Früherkennung des Zervixkarzinoms erstellt wurden. Die sensible Arzthelferin brachte es jedoch irgendwann nicht mehr übers Herz, „den armen Frauen zu sagen, dass sie krank sind“. Statt die Patienten mit Krebsverdacht und damit notwendig gewordenen diagnostischen Eingriffen oder Therapien zu belasten, begann sie, die Befunde zu fälschen oder ließ sie tief im Archiv verschwinden.
Nach sechs Jahren hielt sie den Stress nicht mehr aus, kündigte und zog nach Wien. Ihr Verbrechen flog auf, als sich die Mitarbeiterin eines Labors beim Gynäkologen erkundigte, wie es einer Patientin geht, bei der sie vor Monaten an Hand des Pap-Abstrichs Krebs diagnostiziert hatte. Entsetzt stellte der Arzt fest, dass der Befund in der Krankenakte schlummerte, die betroffenen Frau davon aber nie etwas erfahren hatte. Insgesamt fanden sich 99 ähnliche Fälle. Alle Frauen wurden vorgeladen und untersucht. Das erstaunliche Ergebnis des medizinischen Gutachtens: Bei keiner einzigen Betroffenen ist durch die Verschleppung der Behandlung Schaden entstanden. Im Gegenteil: Die meisten Krebsvorstufen waren bei der Nachuntersuchung verschwunden. Nur in sechs Fällen musste eine Konisation, das ist die vorsorgliche Entfernung des verdächtigen Gewebestückes, vorgenommen werden. Doch dies wäre bei wesentlich mehr Frauen geschehen, wären diese sofort behandelt worden. Ein konkreter akuter Krebsbefund löste sich gar in Luft auf. Der Gutachter tippte auf Spontanheilung. In keinem einzigen Fall wurde ein fortgeschrittenes Krankheitsbild festgestellt. Das Urteil für die ehemalige Arztsekretärin fiel dementsprechend milde aus: Sie erhielt fünf Monate auf Bewährung sowie eine symbolische Geldstrafe von 700 Euro.
Nachdem das Urteil ergangen war, ereignete sich etwas nicht Alltägliches. Im Gerichtssaal anwesend war nämlich eine der „betrogenen“ Patientinnen des Gynäkologen, und sie bedankte sich bei der Arzthelferin überschwänglich für deren kriminelle Aktion. Sie war nämlich eine der Frauen, die bei der Nachuntersuchung vollständig gesund waren. „Wenn Sie damals den Befund nicht hätten verschwinden lassen“, sagte sie und umarmte dabei die Täterin, „wäre ich operiert worden und hätte mich einer Krebstherapie unterziehen müssen.“
Dieser Prozess ging als Kuriosum in die Annalen der Medizingeschichte ein. Konsequenzen zur qualitativen Verbesserung der Zervixkarzinom-Früherkennung, die unzählige Frauen mit Krebsalarm und unnötigen Eingriffen belastet, wurden jedoch bis heute nicht gezogen.
Das Finnische Programm
Geradezu nachlässig im Vergleich zur österreichischen Praxis erscheint etwa das staatliche finnische Früherkennungsprogramm, das bereits 1963 gestartet wurde und seit 1970 als organisiertes Screening landesweit läuft. So wurde für die Teilnahme ein Mindestalter von 30 Jahren festgelegt. „Der Grund liegt schlicht darin, dass sich bei den jüngeren Frauen nahezu alle Krebsvorstufen auf natürliche Weise wieder zurückbilden“, erklärt Ahti Anttila vom staatlichen Krebsregister in Helsinki.
Ungewöhnlich scheint für heimische Verhältnisse auch das finnische Untersuchungsintervall. Es wurde 1999 von drei auf fünf Jahre ausgedehnt. „Wir ernten diesbezüglich immer viel Verwunderung bei ausländischen Gynäkologen“, berichtet Anttila. „Es fällt scheinbar ziemlich schwer, die eigentlich recht simple Tatsache zu verstehen, wie sich Krebs im Zeitverlauf entwickelt.“ Anttila verweist darauf, dass es nach den Ergebnissen des finnischen Programms mindestens zehn Jahre dauert, bis eine Krebsvorstufe in ein invasives Zervix-Karzinom übergeht. „Deshalb genügt ein Intervall von fünf Jahren vollauf, um damit dieselbe Sicherheit zu bieten wie mit einem kürzeren Intervall.“
Frauen werden namentlich angeschrieben und zum Pap-Abstrich eingeladen. Das habe, so Anttila, den Effekt, dass nicht nur die besonders gesundheitsbewussten Frauen untersucht werden, sondern auch jene erfasst werden, die tatsächlich ein erhöhtes Risiko haben: „Ältere Frauen, mit Migrationshintergund oder aus niedrigem sozialen Milieu.“Mit diesen Methoden erreichte Finnland unangefochten den ersten Rang bei der Bekämpfung des Zervix-Karzinoms. „In den meisten Jahren“, so Anttila, „haben wir bei Frauen unter 50 Jahren gar keine Todesfälle mehr.“ Im Berichtsjahr 2008 der Statistik Austria war die Diagnose „Zervix-Karzinom“ hingegen bei 30 dieser jüngeren Frauen die offizielle Todesursache. Insgesamt ist das Sterberisiko für österreichische Frauen beinahe dreimal so hoch.
Entnommen aus dem Artikel von Bert Ehgartner: Vorsorge mit Abstrichen – oder: Das Geheimnis der Finnen
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