Beitrag aus dem LEBE Magazin
Fettgewebe spendet uns Energie und schützt vor Kälte. Ohne Fettgewebe könnten wir nicht überleben, uns nicht fortpflanzen und Stressmomente nicht überstehen. Doch zu viel des Guten ist weder erwünscht noch gesund. Dabei kann gerade Bauchfett so hartnäckig sein! Lesen Sie, welche Ursachen dahinterstecken und wie man es endlich wieder loswird.
Von Dr. phil. Doris Steiner-Ehrenberger
Wer sich zu dick fühlt, möchte meist dringend abnehmen. Da gibt es dann gut gemeinte Ratschläge wie: Iss weniger, beweg dich mehr! Das ist schon einmal unbedingt richtig, denn ohne vernünftige Ernährung in den richtigen Mengen und ohne Bewegung geht gar nichts. Doch: Nicht immer essen die Betroffenen zu viel und nicht immer bewegen sie sich zu wenig. Wenn es trotzdem nicht klappt, dann muss man „tiefer graben“, um an die Ursachen zu kommen.
SCHWIMMREIFEN ODER VISZERALES FETT?
Es gibt zweierlei Bauchfett. Die kleinen Fettröllchen, die direkt unter der Haut liegen und die man greifen kann, und unsichtbares, inneres „viszerales“ Fett, das zwischen den Organen liegt und uns auch noch gesundheitlich zu schaffen macht. Während das subkutane Fett bei Frauen immerhin die wichtige Aufgabe hat, die Fortpflanzung zu sichern – sinkt es unter ein gewisses Maß, bleibt die Regelblutung aus – hat das viszerale Fett seine ursprüngliche Funktion Viren, Pilze und Bakterien zu eliminieren, im Laufe der Evolution an das Immunsystem verloren. Heute ist es vor allem „Entzündungsgewebe“. Es produziert rund 200 Botenstoffe, die verschiedene Hormone beeinflussen und sich gegen den Körper richten. Außer- dem sendet es auch noch Botenstoffe aus, die den Appetit steigern.
WAS DER BAUCHUMFANG AUSSAGT
Schon ein einfaches Maßband spricht Bände: Das Risiko beginnt bei bereits 80 cm Bauchumfang bei der Frau und 94 cm beim Mann. Hat der Bauch der Frau einen Umfang von 88 Zentimetern oder beim Mann von 102 Zentimetern erreicht – bei sehr kleinen bzw. sehr großen Menschen müssen diese Angaben ein wenig relativiert werden – besteht bereits ein deutlich erhöhtes Risiko für Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Leiden mit erhöhter Schlaganfall- und Herzinfarktgefahr, Alzheimer und Krebs – vor allem hormonabhängige Krebsarten wie Brust- und Prostatakrebs. Bei Männern sinkt bei großem Bauchumfang aufgrund der hormonellen Verschiebung sogar die Zeugungsfähigkeit: Bereits ab 4,7 Kilogramm Bauchfett reduzieren sich die vitalen Spermien um sagenhafte 95 Prozent.
SIND DIE HORMONE SCHULD?
Die Frau kämpft manchmal, ob- wohl sie sich in derselben Weise bemüht wie der Mann, zeitlebens mit hormonbedingter Gewichtszunahme. Im gebärfähigen Alter können hormonelle Störungen – wie ein Überschuss an Östrogen bei Fehlen der Progesteron-Phase im Zyklus oder ein Zuviel an Östrogen und Progesteron Ursache für Fetteinlagerungen vor allem am Bauch, Po und an den Oberschenkeln sein. Die beiden weiblichen Fruchtbarkeitshormone kümmern sich wenig um Schönheitsideale. Sie haben die Aufgabe, die Fettzellen aufquellen zu lassen, damit Fett leichter eingebaut und ein Fettdepot für Schwangerschaft und Stillzeit geschaffen wird. Auch die Antibabypille, die ja eine Schwangerschaft simuliert, oder die Hormonersatztherapie können diesen Effekt haben.
FETTUMVERTEILUNG IN DEN WECHSELJAHREN
In den Wechseljahren der Frau formt sich die Figur um, die Birnenform weicht der Apfelform. Jetzt bildet sich vermehrt viszerales Bauchfett. Vor allem, wenn dieselben Mengen gegessen werden, obwohl der Kalorienbedarf durch die Eireifung fehlt. Der entsäuernde Effekt der Menstruation bleibt jetzt ebenfalls aus. Wer früher auch ohne Bewegung schlank blieb, wird seine Kalorien nun reduzieren oder entsprechend mehr Bewegung machen müssen. Außerdem baut sich mit dem Älterwerden die Muskulatur ab – und Muskeln sind entscheidend dafür, dass wir Fett auch in Ruhe verbrennen können.
MANGEL AN ANDROGENEN
Wenn speziell das Bauchfett bei der Frau für Übergewicht. Doch das können sie mit etwas Disziplin meist leicht wieder loswerden, solange das für Männer wichtigste Androgen Testosteron ausreichend vorhanden ist. Mangel an Testosteron bedeutet hingegen: Weniger Muskelmasse und zugleich auch stärkere Fetteinlagerung. Testosteron vermehrt die Rezeptoren für die eigentlich für den Fettabbau zuständigen Hormone Adrenalin und Noradrenalin, die schließlich Fettzellen abbauen und in Energie umwandeln. Ab dem 40. Lebensjahr nimmt das Testosteron bei Männern und damit auch ihre Muskelkraft, Muskelmasse und Potenz ab. Der Bauch wächst, fallweise sogar die Brust. Allerdings kann Mann gegensteuern. Der Testosteron-Spiegel steigt generell durch Sport – und beispielsweise kalte Duschen. Pfefferminze und Pfeffer lassen ihn sinken, Chili steigert ihn. Regelrechte Androgen-Killer sind heutzutage jedoch allgegenwärtige chemische Stoffe wie Bisphenole (Kunststoffhärter), Parabene (Konservierung in Kosmetik), Phthalate (Dufterfrischer, Duftkerzen, Parfums), Triclosan (antibakterielle Seife), Benzophenone (Stabilisatoren) sowie Weichmacher, Insektizide und Pestizide.
ZU VIELE KOHLENHYDRATE UND ALKOHOL
Die gute Nachricht ist: Viszerales Fett wird zwar leicht gespeichert, bei Nahrungsreduktion aber auch wieder schnell abgebaut. Ein besonderes Problem ist Alkohol, wird er doch direkt in Fettsäuren umgewandelt, vergrößert das Volumen der Fettzellen und verhindert deren Abbau. Beim Bier kommt neben den vielen Kalorien, die es enthält, mitunter noch eine Glutensensitivität oder Unverträglichkeit auf Bierhefe hinzu, von der man nicht einmal etwas ahnen muss. Der Bauch ist dann – wie bei Laktoseintoleranz – gebläht und sieht dadurch noch größer aus. Die Ernährungsweise ist natürlich ebenfalls entscheidend. Gesättigte Fettsäuren aus Fleisch und Milchprodukten gelten als ungesunde Fette, während mehrfach ungesättigte Fettsäuren günstig sind. Zum Kochen sind sie allerdings nicht geeignet. Wer hauptsächlich Kohlenhydrate wie Zucker, Brot, Nudeln, Reis und zu viele gesättigte Fettsäuren zu sich nimmt, bildet eher Bauchfett aus. Kohlenhydrate treiben den Insulinspiegel in die Höhe und erschweren schon allein damit das Abnehmen. Ein hoher Insulinspiegel blockiert den Fettabbau. Denn Fettzellen haben ihre eigene Intelligenz. Sie bauen Fett nur ab, wenn nicht ohnehin genügend Zucker vorhanden, der Insulinspiegel eben entsprechend niedrig ist. Vor allem abends sollte man möglichst wenige Kohlenhydrate essen. Ein niedriger Glukosespiegel um Mitternacht stimuliert die Hirnanhangsdrüse vermehrt Wachstumshormon (STH) zu bilden. Dieses Hormon wird im Schlaf produziert. Es steigert die Eiweißsynthese und fördert den Fettabbau. Übergewichtige zeigen niedrige STH-Werte, wodurch das Abnehmen erschwert wird.
ZU WENIG AMINOSÄUREN
Viele Übergewichtige essen also zu viele Kohlenhydrate. Gleichzeitig haben sie aber einen Mangel an muskelaufbauenden Nährstoffen, essentiellen Aminosäuren, die der Körper aus eiweißhaltigen Nahrungsmitteln gewinnt. Sie essen also zu wenig Eiweiß. Doch die Sache ist noch ein wenig komplizierter, sonst hätten alle bewegungsfaulen Schnitzelesser eine Traumfigur. So einfach wird es uns nicht gemacht. Wehe, wenn das Eiweiß nicht richtig aufgespalten werden kann und deshalb wichtige Aminosäuren fehlen. Wenn auch nur eine essentielle Aminosäure über längere Zeit ungenügend vorhanden ist und zu viele Eiweiße zugeführt werden, die nicht durch Bewegung verbraucht werden, dann werden keine körpereigenen Zellen aus den vorhandenen Aminosäuren hergestellt. Fazit: Die Leber wandelt sie stattdessen in Glukose und Körperfett um – es kommt zur Übersäuerung und zur Gewichtszunahme.
ÜBERSÄUERUNG DES GEWEBES
Der Körper ist nicht in jeder Situation in der Lage auszuscheiden, was nicht in den Körper integriert werden kann. Wir tragen die Ansammlungen von mühsam neutralisierten Säureschlacken etwa in Form von Bauchfett vor uns her. Um sie müssen wir uns kümmern, wenn wir abnehmen wollen. Diese Säuren müssen mobilisiert, neutralisiert und ausgeschieden werden. Übersäuerung entsteht durch Ernährungsfehler, Bewegungsmangel und Stress.
STRESS – DER ULTIMATIVE FIGURKILLER
Nicht immer ist es das Essen allein, das unser Bauchfett wachsen lässt. Solange wir eine gute Fettverbrennung haben, haben wir damit kaum ein Problem. Sie ist aber von einigem abhängig – von der Bewegung, der vorhandenen Muskulatur, der Stoffwechselleistung, den Schilddrüsenhormonen und in hohem Maße davon, ob wir stressfrei sind. Denn Stress erhöht den Cortisolspiegel und immer, wenn er hoch ist, kann es keine Fettverbrennung geben. Das führt direkt zu Fetteinlagerung und Gewichtszunahme. Speziell am Bauch, denn die Zellen des inneren Bauchfettes binden das Cortisol. Ein Körper im Stress ist auf Überleben, Flucht oder Kampf ein- gestellt und nicht aufs Abnehmen!
Immer wenn uns Stress plagt und der Cortisolspiegel hoch ist, ist sein Gegenspieler, das zu den Androgenen zählende DHEA (auch Prohormon der Jugend), niedrig. DHEA ist aber ein wichtiges fettregulierendes Hormon der Nebennieren- rinde, das die Stressbereitschaft senkt, Fettabbau am Bauch sowie auch das Immunsystem, Wohlbefinden und guten Schlaf fördert. Das DHEA nimmt ab 40 Jahren ab.
BAUCHÜBUNGEN ALLEIN BRINGEN NICHTS
Die Idee, dass Bauchübungen Fett am Bauch reduzieren, ist eine falsche Folgerung. Denn um Fett abzunehmen, muss man mehr Kalorien verbrauchen als man zu sich nimmt. Dass geht weder über Bauchübungen, noch über fasten. Warum? Weil Bauchübungen zu wenig Fett verbrennen und fasten uns in den „Hungerstoffwechsel“ treibt. Ausdauertraining im richtigen „Fettverbrennungsmodus“ verbrennt ordentlich Fett. Den idealen Belastungspuls erfährt man über ein Belastungs-EKG.
ZU WENIG ESSEN BRINGT NOCH WENIGER
Zu wenig essen ist sogar noch schlimmer, denn davon hat man wirkliche Nachteile. Der Körper braucht ungefähr ein Jahr, um aus dem Schock des Hungerns und der Reaktion des Körpers, das verbliebene Fett bis aufs Äußerste zu verteidigen, heraus zu kommen und wieder normal Fett zu verbrennen. In der Zwischenzeit baut der Körper lieber Muskeln ab, um sein Fett zu retten. Er geht noch effizienter mit der angebotenen Nahrung um und verwertet sie noch besser. Er regelt die Körpertemperatur nicht mehr optimal, schränkt die Gehirnleistung ein, versucht unbewusst, sich weniger zu bewegen und baut Mitochondrien, die Energiegewinnungszentren der Zelle, ab. Dann sind wir nur noch müde, unterkühlt, benebelt, faul und schlapp. Das alles ist nur eine weitere Überlebensstrategie, entwickelt in der Menschheitsgeschichte, wenn die Nahrung oft knapp war.
Günstig wirkt sich bei vielen aber das „Intervallfasten 16/8“ aus, vorausgesetzt, dass sie sich dabei fit und gut fühlen und nicht müde und schlapp. Dabei fastet man 16 Stunden (etwa von 18 Uhr abends bis 10 Uhr vormittags) und isst nur in den übrigen 8 Stunden, jedoch ohne die Kalorien groß zu verändern. Das Intervall-Fasten entlastet den Stoffwechsel, beschleunigt den Fettstoffwechsel, regt Reparaturprozesse im Körper an und entschlackt auch sehr gut.
MILZ-QI SCHWÄCHENDE ERNÄHRUNG
Aus der TCM wissen wir, dass für die gute Verarbeitung der Nahrung die Milz zuständig ist. Sie verträgt nicht viel Feuchtigkeit. Zucker, Milchprodukte, Weizen, Rohkost, aber auch Hungern befeuchtet stark, sogar bis hin zu Schleimbildung. Die Milz kann dann nicht genügend Qi aus der Nahrung extrahieren. Man ist müde, nimmt eher zu, vor allem an Bauch, Po und Oberschenkeln, friert leicht und hat einen geblähten Bauch, der Stuhl ist breiig. Für alle mit Milz-Qi-Schwäche ist Fasten am Morgen laut TCM gar nicht günstig, da hier die Milz ihre wichtigste Arbeitszeit hat und Energie braucht. Sie sollten beim Intervallfasten lieber um 17 Uhr zum letzten Mal essen und um 9 Uhr frühstücken. Das kann aber schwierig werden. Das „Intervallfasten 12/12“, also etwa fasten von 19 Uhr abends bis 7 Uhr morgens ist eventuell besser geeignet.
SCHLAFMANGEL
Im Schlaf bildet der Körper das Wachstumshormon, das zum Fettabbau nötig ist. Schläft man zu wenig, kann man nicht abnehmen.